Elke Bolland, Das Günderodehaus
Das Günderodehaus, idyllisch oberhalb von Oberwesel mit einem beeindruckenden Blick über das Rheintal gelegen, hat eine bemerkenswerte Geschichte. Ursprünglich als Filmkulisse für „Heimat 3“ von Edgar Reitz errichtet, hat dieses charmante Haus einen außergewöhnlichen Wandel durchlaufen – von einer flüchtigen Filmkulisse hin zu einem gastronomischen Hotspot in Rheinland-Pfalz. Aber wie kam es zu dieser Transformation? Und wer steckt hinter diesem unerwarteten Erfolg?
In einem tiefgründigen und aufschlussreichen Interview geben wir unseren Lesern einen exklusiven Einblick in die Hintergründe und die beeindruckende Evolution des Günderodehauses. Die entschlossene Frau Bolland, die das Ruder des Hauses in die Hand genommen hat, teilt ihre persönliche Reise von der zufälligen Begegnung mit dem Haus bis hin zu den heutigen gastronomischen Leistungen. Durch die Berührungspunkte ihres Lebens mit dem Günderodehaus erleben wir mit, wie Schicksal, Timing und eine gehörige Portion Unternehmergeist aufeinandertreffen.
Die Geschichte des Günderodehauses ist nicht nur eine über die Rettung eines Gebäudes vor dem Verfall, sondern vielmehr eine Ode an die Anpassungsfähigkeit, die Leidenschaft und das Engagement eines Einzelnen. Frau Bolland spricht offen über ihre Anfänge, ihre täglichen Herausforderungen, die Kernphilosophie ihres Geschäftsmodells und wie sie, trotz allem, ihre eigene Definition von "Heimat" gefunden hat.
Von der Auseinandersetzung mit modernen Medien bis hin zur Bewältigung der coronabedingten Herausforderungen zeigt dieses Interview die wahre Bedeutung von Resilienz und Anpassungsfähigkeit in der heutigen schnelllebigen Welt. Das Gespräch gewährt nicht nur einen Blick hinter die Kulissen eines erfolgreichen Geschäfts, sondern dient auch als Inspirationsquelle für jeden, der vor der Herausforderung steht, Altes zu bewahren und Neues zu wagen.
Machen Sie sich bereit für eine inspirierende Reise durch die Welt des Günderodehauses, erzählt durch die Augen der visionären Geschäftsfrau Frau Bolland. Ein Muss für alle, die die Geheimnisse des Unternehmertums in der modernen Zeit entdecken möchten.
Das Filmhaus war ursprünglich als "fliegender Bau" konzipiert. Nach Beendigung der Dreharbeiten erwuchs ein enormes öffentliches und touristisches Interesse an diesem architektonischen Juwel. Das führte zu der Idee, es nicht nur als Filmkulisse zu lassen, sondern eine Neuausrichtung hin zu einem Filmmuseum mit einer angrenzenden kleinen Gastronomie in Betracht zu ziehen. Zwei visionäre Investoren erkannten das Potential, kauften das Gelände, bauten eine Küche ein und pachteten das gesamte Anwesen. Doch wie es so oft im Leben und im Geschäft geht, war dieser erste Ansatz nicht von Dauer. Selbst renommierte Gastronomen wie Johann Lafer zeigten kurzzeitig Interesse, entschieden sich aber dagegen. Es schien, als ob das Haus im Freilichtmuseum in Bad Sobernheim enden würde. Doch eine zufällige Begegnung in Rom mit dem Kantor aus Oberwesel änderte alles – und heute, bin ich immer noch dabei.
Was waren Ihre Beweggründe das Günderodehaus zu übernehmen und zu führen?
Ich hatte ursprünglich nach der Übergabe meines Hotels an meine Kinder andere Pläne für diesen Lebensabschnitt. Das Leben hat jedoch oft seine eigenen Ideen, und so kam das Günderodehaus in mein Leben und faszinierte mich von Anfang an.
Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?
Jeder Tag ist eine Mischung aus Routine und Abwechslung. Meistens starte ich mit dem Einkaufen für unser Café. In Oberwesel übernehme ich eine Vielzahl von Aufgaben – vom Backen über den Service bis hin zur Pflege unseres Ziegenstalls. Und wenn ich wieder zu Hause bin, warten Buchhaltung und E-Mails auf mich. Mein Arbeitsrhythmus variiert, aber die Wochenenden in Oberwesel sind fest eingeplant, oft mit Veranstaltungen, die ich gerne besuche.
Wie definieren Sie Heimat im Kontext des Günderodehauses?
Heimat ist für mich mehr als nur ein Ort. Es ist das tiefe Gefühl der Zugehörigkeit. Besonders die Nähe zu meiner Familie definiert Heimat für mich. Es ist selten und wertvoll, wenn vier Schwestern am gleichen Ort wohnen können. Zudem ist die Landschaft von Rheinland-Pfalz einfach atemberaubend – ideal zum Radfahren und Wandern.
»Heimat ist für mich mehr als nur ein Ort. Es ist das tiefe Gefühl der Zugehörigkeit.«Was macht Sie und Ihr Team zu perfekten Gastgebern?
Wir streben immer nach Perfektion, aber die Realität zeigt, dass es Herausforderungen gibt. Unser Anspruch ist es, mit Liebe zum Detail zu arbeiten – ob es die selbstgemachten Kuchen und Speisen, das Ambiente oder die regionalen Weine sind. Besonders stolz bin ich auf unseren Ansatz, authentische regionale Produkte anzubieten – deshalb findet man bei uns keine Coca-Cola, sondern echte "Heimat" im Glas.
Welche Erlebnisse bieten Sie Gästen bei besonderen Anlässen?
Während wir nicht direkt als Hochzeits- oder Geburtstagslocation gelten, sorgen wir doch für unvergessliche Momente. Wir bieten individuelle Menüs nach standesamtlichen Trauungen oder verwöhnen Geburtstagsgesellschaften. Unsere Filmhausstube und Terrasse mit dem einzigartigen Ausblick sind dabei das Highlight.
Woher nehmen Sie die Inspiration für ein zukünftiges Boutique Hotel?
Die Vision eines Boutique Hotels mit einem Design von renommierten Architekten aus Südtirol war verlockend. Doch wirtschaftliche und praktische Herausforderungen, von den hohen Baukosten bis zu den Finanzierungsproblemen, machen es schwierig. Wer weiß, vielleicht findet sich ja noch ein Weg.
Welche Rolle spielen Social Media in Ihrem Geschäft?In der heutigen Zeit ist das Internet unumgänglich, besonders im Tourismus. Wir sind stolz auf unsere Webseite, doch meine Kapazität für Social Media ist begrenzt. Zum Glück teilen unsere Gäste ihre positiven Erlebnisse und Fotos online.
Wie gestalten Sie Ihre Freizeit?Obwohl ich eine beschäftigte Geschäftsfrau bin, ist Reisen eine meiner Leidenschaften. Kurze Auszeiten sind oft die intensivsten. So erinnere ich mich noch heute an meine Radtour nach Südungarn – ein besonderes Abenteuer mit einem besonderen Ziel.
Wie haben Sie die Herausforderungen der Pandemie bewältigt?Die Pandemie war eine beispiellose Prüfung für viele Unternehmen, und auch wir waren betroffen. Aber das Günderodehaus hat sich stets als Ort der Zuflucht für unsere Gäste bewährt. Wir mussten flexibel und kreativ sein. Statt fest gebundener Menüs haben wir die Atmosphäre mit blumengeschmückten Tischen und die Möglichkeit für Gäste geschaffen, mit ihrem eigenen Picknick zu uns zu kommen. Es war besonders herzerwärmend, wie unsere Gemeinschaft auf unsere Bemühungen reagierte, etwa als ich zu Ostern gekochte Eier für die Gäste bereitstellte. Die Krise hat gezeigt, wie wichtig Solidarität und Gemeinschaftssinn sind, besonders in Zeiten, in denen man sich manchmal von der Politik im Stich gelassen fühlt. Diese Erfahrung wird uns in zukünftigen Geschäftsentscheidungen leiten. Es war ein schwieriger Weg, aber er hat auch gezeigt, wie widerstandsfähig und anpassungsfähig wir als Unternehmen und Gemeinschaft sein können.
» Wir mussten flexibel und kreativ sein.«